Monatsobjekt Februar 2014
Als Monatsobjekt für den Februar 2014 habe ich eine Porzellantasse ausgewählt, die aus mehreren Gründen interessant ist:
Die Form mit dem Asthenkel ist noch ganz im Rokoko verhaftet, auch die bunten Blumensträuße und den Streublumendekor kennen wir aus dieser Stilperiode. Das Goldornament unter dem Mundrand weist in seiner Strenge wohl auf das Ende dieser Epoche hin.
Vor allem die beiden farbkräftigen Blumensträuße ließen uns vermuten, daß die Tasse etwa in das zweite Drittel des 18. Jahrhunderts zu datieren sei. Damit lägen wir aber nicht ganz richtig. Glücklicherweise gibt es in der Wiener Porzellanmanufaktur seit der Direktion von Conrad Sörgel von Sorgenthal (Direktor 1784 - 1805) den Jahresstempel, der im 18. Jahrhundert aus den zwei letzten Ziffern der Jahreszahl besteht (also 84 für 1784); im 19. Jahrhundert verwendet man drei Ziffern (z. B. 805 statt 1805).
Auf der Unterseite unserer Tasse sehen wir deutlich den unterglasurblauen Bindenschild und auf der Glasur die Malernummer 71. Andere Kennzeichen sind nur ganz schwach sichtbar. Als Blindstempel sind zwei Zahlen angebracht (ich habe sie der besseren Deutlichkeit halber in ihrer Kontur verstärkt und vergrößert wiedergegeben). Die Zahl 30 steht für die Weißdrehernummer, die Zahl 86 für das Jahr (=1786). Theoretisch wäre es zwar möglich, diese Zahl auch als 98 zu lesen. Wir wissen aber aus Vergleichsbeispielen, daß manche 80er-Jahresstempel relativ groß sind, die 90er Jahresstempel in der Regel viel kleiner (Ausnahmen gibt es jedoch immer). Es gibt nicht viele Manufakturen, deren Weißware jahrgenau datierbar ist (für Meißen beispielsweise ist das nicht möglich). Da ist eine korrekte zeitliche Einordnung unvergleichlich schwieriger als in Wien.
Für die Malernummer 71 könnte Franz Karrer in Frage kommen, der in einer Personalliste von 1787 vorkommt. Der spätere Maler mit der Nummer 71, Michael Wölflinger, ist erst ab 1796 an der Manufaktur nachweisbar. Leider sind die Personalunterlagen nicht vollständig erhalten.
Der Weißdreher mit der Nummer 30 könnte Ignatz Zupf sein, der ebenfalls 1787 genannt wird.
Die Mitarbeiter-Kennzeichen der Wiener Manufaktur habe ich in meinem "Markenlexikon für Kunstgewerbe", Band IV, erfaßt (Wien 1978).
zur Übersicht der Monatsobjekte kommen Sie hier
Danke für Ihr Interesse an meiner Website. Wenn Sie meine aktuellen informationen erhalten wollen, nehme ich Sie gerne in mein
NEWSLETTER ADRESSBUCH
auf. Schreiben Sie an waltraud.neuwirth1@chello.at