MONATSOBJEKT MÄRZ 2017
EIN WASCHKRUG DER WÄCHTERSBACHER STEINGUTFABRIK
Da der Wiener Bindenschild sehr bekannt ist, werden manche Marken, die ihm entfernt
ähnlich sehen, oft mit ihm verwechselt – oder man ist zumindest verunsichert,
ob es sich um die Wiener Marke handelt. Manchmal spricht schon das Material dagegen,
und zwar dann, wenn es sich nicht um Porzellan, sondern um Steingut oder Steinzeug handelt.
Dieser Krug
trägt eine gestempelte Marke, die von der Modellnummer 3709/0 begleitet wird.
Die Null (0) nach dem Schrägstrich ist die Größenangabe, das müßten laut Fabrikskatalog
30,8 cm sein, der abgebildete Krug mißt jedoch nur 21,5 cm. Das wäre ungefähr die Größe des kleineren Handwaschkruges, der allerdings ursprünglich die Modellnummer 3717 aufweist. Warum die Modellnummer des größeren Kruges hier für den kleineren Krug verwendet wurde, läßt sich nicht mehr feststellen. Es könnte entweder eine zeitgenössische Abänderung bedeuten
oder aber ein Indiz für eine Replik sein.
Allein die vierstellige Nummer beweist schon, daß es sich nicht um Wiener Porzellan
handeln kann (dort gibt es höchstens dreistellige Zahlen).
Und das Material ist nicht Porzellan, sondern Steingut.
(Foto des Kruges und der Marke: Copyright Eugen Schneider, Allgäu).
Schild und Zahl erscheinen hier erhaben (durch die Lichtführung),
wurden aber vertieft angebracht
Der Waschkrug "Form Anita", von Hans Schneeweis zu Beginn des 20. Jahrhunderts entworfen (daher gerne auch "Schneeweis-Krug" genannt), war so beliebt, daß er lange produziert und später auch reproduziert wurde. Ob es sich im Einzelfall (wie beim abgebildeten Krug) um ein Original oder eine Replik handelt, ist schwer feststellbar. Immerhin war der Krug sicher eines der erfolgreichsten Modelle
(nähere Angaben auf der Website http://waechtersbach.org/special/schneewkrug.html).
Diese drei Marken sind im Adreßbuch der Keram-Industrie (1913) enthalten (Ausschnitt aus einer untenstehenden Abbildung). Die Marke ganz rechts ist die der Kunstabteilung unter Christian Neureuther (die Buchstaben bedeuten:
Kunstabteilung Wächtersbach, Christian Neureuther).
Die Marken konnten farbig unter der Glasur angebracht (die Marken links und rechts)
oder farblos gestempelt werden (Marke in der Mitte).
Die gestempelte Marke (I. d. M. gest. = in die Masse gestempelt) wird im Adreßbuch
mit schwarzen Balken wiedergegeben;
auf den Objekten sind die Balken natürlich nicht schwarz, sondern farblos
(Marke rechts, Umzeichnung) zu sehen.
Für uns in Wien ist es besonders interessant, daß die Keramikerin Dina Kuhn aus Wien ab
ca. 1940 für Wächtersbach tätig war. Vorher schuf sie Keramiken für die Wiener Werkstätte, Goldscheider u.a., vor allem in Neutitschein für die Wiener Firma "Bimini".
(nähere Angaben zu Dina Kuhn in Wächtersbach: s. Website http://waechtersbach.org/fabrikgeschichte/biokuhn.html)
Die Wächtersbacher Steingutfabrik in Schlierbach bei Wächtersbach wurde 1832 gegründet. Das umfassende Produktionsprogramm ist dem Adreßbuch der Keram-Industrie
von 1913 zu entnehmen:
Adreßbuch der Keram-Industrie 1913, S. 443, 444.
Adreßbuch der Keram-Industrie 1913, S. 140.
Die Fabrik am Standort Schlierbach ist seit 2011 nicht mehr in Betrieb.
Bemühungen, die Produktion andernorts fortzusetzen, sind im Gange.
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Fotos: Copyright Dr. Waltraud Neuwirth, Wien
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