PORZELLAN-MONATSOBJEKT JULI 2016
SAMSON "THE IMITATOR"
DIE MARKEN
Die Pariser Firma Samson wurde 1845 von Edmé Samson gegründet (Samson, Edmé et Cie.). Sein Sohn Émile Samson (1837-1913) übernahm die Firma, die 1969 geschlossen wurde.
Am 17. Dezember 1979 fand bei Christie's in London eine Auktion statt (Samson Porcelain; Original Factory Models from the Showroom of Etablissement Edme Samson).
Samson-Marken
Die Firmenmarke von Samson bestand aus den verschiedensten Varianten
des / der Buchstaben S (s. Zusammenstellungen unten), allerdings wurden solche Marken zumeist klein und auf der Glasur der kopierten Modelle angebracht (manchmal - absichtlich? - verwischt), die prominenten gefälschten Manufakturmarken, wie der Wiener Bindenschild, zumeist groß und in Unterglasurblau.
Echter Bindenschild der Wiener Porzellanmanufaktur, von Samson häufig gefälscht.
Ein sehr interessanter Artikel über Samson erschien 1956
(Interview mit dem Fabriksdirektor von Samson)
(http://doi.org/10.5169/seals-394930, letzter Zugriff 2016-07-06)
[Frage:] Zum S von Samson finden sich gelegentlich noch Zusatzmarken, warum?
[Antwort des Direktors:] Das geschieht im Geiste der alten Fabriken;
meistens sind es Phantasiezeichen oder Malermarken.
Die Originalmodelle wurden abgeformt und dann um etwa 1/7 vergrößert, um den Schwindungsfaktor im Brand auszugleichen. Im Artikel von 1956 sagt der Direktor dazu:
[Direktor:] Einige Schwierigkeiten bildet gelegentlich der Schwund der Masse im Brand. Unsere Stücke schwinden, wie die alten, ca. 1/7 im Feuer. Von jedem Stück müssen wir daher ein Modell herstellen, das 1/7 grösser ist als das Original. Von diesen Modellen macht man dann Gipsformen, genau wie früher.
Im selben Jahr (1979), als die Versteigerung bei Christie's stattfand, erschien meine Publikation "Wiener Porzellan – Original, Kopie, Verfälschung, Fälschung", in der ein Kapitel den Fälschungen Samsons gewidmet ist (S. 253-269). Dort habe ich alle Marken zusammengestellt, die bis dahin in der Fachliteratur publiziert worden waren und auf Objekten von mir erfaßt werden konnten:
Waltraud Neuwirth, Wiener Porzellan (1979), S. 257
Das Wiener Museum (ehemals Österreichisches Museum für Kunst und Industrie, heute MAK) hat im Jahre 1906 zahlreiche Objekte seinerzeit bewußt als Samson erworben, und zwar direkt von der Pariser Firma.
Waltraud Neuwirth, Wiener Porzellan (1979), S. 259
Den vollständigen Artikel aus diesem Buch finden Sie HIER!
Inzwischen werdenviele Samson-Porzellane ganz korrekt als solche gehandelt
http://www.ebay.com/sch/i.html?_nkw=samson+porcelain, letzter Zugriff 2016-07-06
und sie haben sich unter ihrem eigenen Namen so etabliert, daß sie ihrerseits auch bereits gefälscht werden!
1971 befaßten sich zwei prominente deutsche Zeitungen mit dem Problem gefälschter Porzellane und gehen auch auf Samson ein:
Artikel im "Spiegel" 1971
Der Spiegel 36/1971: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-43175418.html, letzter Zugriff 2016-07-06
Ein Computer bestätigte, was Experten längst ahnten: Etwa zwei Drittel des berühmten französischen Antiquitäten-Porzellans aus den Manufakturen des Pariser Vororts Sèvres sind gefälscht.
"Wenn Meissens Schwerter trügen" (Die "Zeit", 1971)
http://www.zeit.de/1971/43/wenn-meissens-schwerter-truegen, letzter Zugriff 2016-07-06
Wenden wir uns Samson-Fälschungen von Wiener Porzellan zu, so sind diese eindeutig zu erkennen, wie ich am Beispiel einer gefälschten Wiener Porzellangruppe erklären möchte.
Vor kurzem tauchte in mehreren Auktionshäusern eine Porzellangruppe mit dem gefälschten Wiener Bindenschild auf. Die Tischgruppe zeigt einen Vater mit einem Knaben; ein Hündchen scheint zu dem auf dem Tisch sitzenden Äffchen hinaufspringen zu wollen. Eine Mutter mit Kind am Frühstückstisch bildet das Gegenstück. Das Wiener Original der Vatergruppe aus dem Nachlaß der Wiener Porzellanmanufaktur befindet sich im MAK, Inv. Ke 226
(http://sammlung.mak.at/search?q=Ke+226&rows=1&start=0, letzter Zugriff: 2016-07-06)
Im Katalog Wilhelm Mrazek-Waltraud Neuwirth, Wien 1970, beschrieben unter Katalognummer 518 (Vatergruppe) bzw. 519 (Muttergruppe)
Auf diese Tischgruppe im MAK beziehen sich einige Anbieter im Kunsthandel; das angebotene Porzellan läßt sich jedoch eindeutig als Fälschung der Firma Samson identifizieren, und zwar aufgrund der vorhandenen Kennzeichnung.
Eine dieser Tischgruppen zeigt den gefälschten unterglasurblauen Wiener Bindenschild und die Samson-Marke aus zwei S in Gold auf der Glasur.
Zusätzlich sind Zahlen eingepreßt, eine ist als 32 lesbar. Auch andere Samson-Gruppen mit Bindenschild, die auf Modelle im Stil des Rokoko zurückgreifen, tragen zwei- oder dreistellige Zahlen. Dies allein ist schon der Beweis einer Fälschung, da echte figurale Porzellane der Wiener Manufaktur aus dem 3. Viertel des 18. Jahrhundert nie mit solchen gestempelten Zahlen versehen sind, die ja auf einen Weißdreher deuten würden (der allerdings nur Geschirr anfertigte). Figurales Wiener Porzellan der Rokokozeit wurde in der Regel mit Bossiererbuchstaben gestempelt.
(Waltraud Neuwirth, Markenlexikon Nr. 4, Wiener Porzellan - Viennese Porcelain - Porcelaine de Vienne,
Malernummern, Weißdrehernummern, Kapseldrehernummern, Bossiererbuchstaben, Wien 1978, auf meiner Bücherseite zu finden: HIER)
Eine der Gruppen konnte ich im Original sehen, und es fiel mir auf, daß sie ungewöhnlich schwer war. Um das Gewicht auszugleichen, das beim Brennen ein Einsinken bewirkt hätte, hat man eine zusätzlichen Standleiste eingezogen; diese findet sich auch bei dem anderen gefälschten Objekt. Bei der echten Wiener Gruppe im MAK ist sie nicht vorhanden.
Aus Copyright-Gründen habe ich die echten und gefälschten Gruppen hier nicht abgebildet, Sie finden sie aber unter den oben angeführten Links.
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Fotos: Copyright Dr. Waltraud Neuwirth, Wien
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